Peru 4a

Departemento Madre de Dios

 

Vom 16. bis 30. Juli 2016

 

Fortsetzung von Bericht Peru 3

 

Die Fotos zu diesem Bericht findet man am Ende des Textes und unter Peru 4 b.

 

Bei Loromayo öffnet sich das Tal und die Besiedlung mit bewirtschafteten Flächen nimmt zu. Der Urwald tritt nun weiter in den Hintergrund. Die Sonne scheint und schwülwarme Luft weht durch das offene Fenster in unseren Camper. Nach Überquerung der tropischen Sierra Santa Rosa sehen wir große Felder mit Getreide und Reis sowie Weideflächen für Rinder. Der noch vor etwa dreißig Jahren hier wachsende Urwald ist von der Straße aus einige hundert Meter weit gerodet. Lange Müllhaufen beiderseits der Straße vor den Orten kündigen an, dass hier Menschen wohnen. Vor uns sehen wir weit in der Ferne gewaltige sich auftürmende Wolkenberge, die von der Nachmittagssonne angestrahlt werden.

 

Puerto Maldonado und Umgebung

Schließlich erreichen wir unser Ziel: Die Anaconda Lodge in Puerto Maldonado (www.anacondajunglelodge.com).  Eigentümer der Lodge sind der Schweizer Donald uns seine thailändische Frau Wadee. Donald zeigt uns das Restaurant, die sauberen Duschen und Toiletten sowie den Swimmingpool. Es ist wirklich paradiesisch hier. Vor zehn Jahren haben die beiden von peruanischen Arbeitern viel Bambus und andere Gewächse entfernen lassen und gerade so viel Freiflächen geschaffen, dass darauf zehn Cabanas, das Thai-Restaurant, das kleine Sanitärgebäude und der Swimmingpool passen. Zusätzlich haben sie 500 Bananenstauden sowie Palmen und andere Gewächse anpflanzen lassen.

 

In dieser angenehmen Umgebung relaxen wir zwei Wochen und fahren öfter mit unserem Piaggio Motorroller ins Zentrum von Puerto Maldonado. Der Ort mit 70.000 Einwohnern liegt am Zusammenfluss des Rio Madre de Dios (Fluss der Mutter Gottes) mit dem Rio Tambopata. Tambopata bedeutet in der Sprache der Ese´eja Indios „flacher Platz zum Verweilen“. Ende der siebziger Jahre begann der Aufschwung des damaligen Dschungelkaffs. Damals fand man Gold im Rio Madre de Dios. Wir spazieren im gepflegten Bereich der Plaza de Armas umher und beobachten die vielen umherwuselnden Tuk-Tuks (MotoKars), Moto-Taxis und Motorräder, auf den manchmal die Eltern mit zwei Kindern sitzen.

 

Abseits des Tourismus rollern wir anderntags zum Ort Laberinto, der seit Jahren als Goldgräberort gilt. Er liegt am breiten, braunen Rio Madre de Dios, der etwa fünfhundert Kilometer entfernt in der Cordillera Garabaya entspringt. Flussaufwärts werden auch heute noch die sedimentreichen Böden von großen Baggern durchpflügt und herausgespült. Zur Bindung der jährlich gefundenen 18 Tonnen Gold werden immer 450 Tonnen giftiges Quecksilber verarbeitet und verunreinigen den Fluss, schädigen Fische und Menschen. Ganz nebenbei sind schon über 20.000 Hektar Regenwald durch den Goldabbau vernichtet worden. Ein Großteil des Goldabbaus erfolgt durch viele Peruaner, die auf eigene Faust hier ihr Glück versuchen. Über Seitenstraßen aus Erdpisten mit Schlaglöchern hoppeln wir vorbei an teils verfallenen Holzhäusern und ärmlichen Hütten und zum kleinen Hafen von Laberinto. Beim Páco-Fisch-Essen in den einfachen Imbiss-Ständen beobachten eine ganze Zeit lang, wie MotoKars ihre Ladung zum hohen, lehmigen Ufer bringen, die dort auf die langen Holzboote verfrachtet werden. Fässer mit Diesel oder undefinierbarem Inhalt, Abwasserrohre, Lebensmittel Ersatzteile und vieles mehr wird viele Kilometer flussaufwärts am Rio Madre de Dios benötigt.

 

Viertägige Tour in den Dschungel

Im überdachten Langboot der Wasai Lodge mit starkem Außenbordmotor beginnt mein  Rainforest Adventure Trip. Außer mir sitzen zehn andere Touristen und zwei peruanische Guides im Boot. Schon nach ein paar hundert Metern verlassen wir den Rio Madre de Dios und biegen rechts ab in den Rio Tambopata.

Der Rio Tambopata fließt in den bolivianischen Rio Benin, dieser in den brasilianischen Rio Madeira, der dann über den Rio Amazonas in den Atlantischen Ozean entwässert.

Zunächst sehen wir noch Häuser und Hütten am Ufer, später nur noch vereinzelt versteckt zwischen Bananen- und anderen Plantagen. Der Fluss schlängelt sich durch die grüne Landschaft, die manchmal ein zehn Meter hohes rot-gelbes Steilufer hat. Einige Boote kommen uns voll beladen mit Bananen entgegen. Immer gegen die Strömung muss der Bootsführer um angeschwemmte Lehm- oder Sandinseln herumkurven. Wir dringen immer weiter in den Dschungel des peruanischen Amazonas-Tieflandes vor. Immer wilder wird die tropische Urwaldlandschaft am Ufer mit einer großen Vielfalt von unterschiedlichen Bäumen. Rot leuchten die Blüten des Cetico-Baumes (Cecropia), manche Bäume blühen gelb. Unser Führer Juanito weist uns vereinzelt auf  verschiedene Vögel hin, die am Ufer stehen. Ein etwa ein Meter langer Kayman liegt ebenfalls am Ufer in der Sonne. In vielen Kurven des insgesamt 400 Kilometer langen Rio Tambopata geht es weiter stromaufwärts.

 

Nach vier Stunden und hundert Kilometern Fahrt erreichen wir die Anlegestelle der Wasai Tambopata Lodge. Das Hauptgebäude der Lodge ist nach fast allen Seiten offen und das Dach mit Palmwedeln bedeckt. In der Mitte des großen Hauses führt eine Treppe weiter nach oben zu einer Aussichtsterrasse, von wo aus man die Vögel in den Bäumen beobachten kann. Unsere rustikalen Cabanas mit modernem Sanitärbereich und Mosquito-Netzen sind von tropischer Vegetation mit Palmen, Bananenstauden und blühenden Büschen paradiesisch umgeben. Beim Fußballspiel mit den jungen Burschen werden mir schnell meine Grenzen aufgezeigt. Von  Juanito muss ich mir aber später bestätigen lassen, ich müsse mal ein guter Fußballer gewesen sein. Ja, schließlich war ich vor zwei Jahren noch Fußball-Weltmeister in Brasilien (siehe Reisebericht FIFA-WM). Nach der nächtlichen Dschungelwanderung sitze ich mit Kate und Chuck aus Boston und Guide Juanito im Lodge-Restaurant an massiven Tischen aus riesigen Holzstämmen und auf schweren, ebenfalls aus Baumstämmen gesägten Stühlen. Die Geräusche des Dschungels mit tropischen Vögeln, Zikaden und Fröschen vom nahen Rio Tambopata wiegen mich später in den Schlaf.

 

Früh am Morgen höre ich viele dicke Tropfen auf das Palmendach der Cabana fallen und befürchte einen Regentag. Doch als ich vor die Hütte gehe, sehe ich, dass es nur die Tropfen der Bäume sind, auf denen sich das in der Nacht verdunstete Wasser des feuchten Urwaldes niedergeschlagen hat. Noch in der Dunkelheit starten wir im Langboot im dichten Nebel fünfzig Kilometer langen Weiterfahrt stromaufwärts. Der Bootsführer Marco ist wirklich ein Profi und tastet sein Gefährt langsam um die Kurven, über bis zu einen Meter hohe Stromschnellen und an den immer zahlreicheren Inseln aus hartem Lehm vorbei. Kurz darauf treiben im Nebel zwei Boote nur fünf Meter neben uns in voller Fahrt stromabwärts an uns vorbei. Mit viel Erfahrung navigiert unser Steuermann Marco sein Boot über die Stromschnellen und zwischen den vielen bis zu fünf Meter hohen Inseln aus angeschwemmten Bäumen entlang. Plötzlich lichtet sich der Nebel und blauer Himmel breitet sich über dem tiefgrünen Urwald und dem grauen Rio Tambopata aus.

Nach über zwei Stunden haben wir unser Ziel erreicht und legen am Ufer an. Rechts am Seitenarm des Flusses sitzen einige kleinere grüne Papageien mit blauem Kopf (Mealy Parot) an der Lecke, um für sie wichtige Mineralien aufzunehmen. An anderer Stelle beobachten wir weit entfernt auf der anderen Seite in einem zwanzig Meter hohen Baum einige bunte Papageien (Macaws) der drei hier vorkommenden Arten: Escarlato, Guacamayo Bolivia und Guacamayo Cabezón. Die Paare zu zweit, kleinere Familien oder größere zusammengehörende Gruppen. In Abständen fliegen sie laut krächzend über uns hinweg zum nächsten hundert Meter entfernten Baum. Später sitzen über zwanzig Papageien an der Lecke des lehmigen Ufers. Die Mineralien, die sie dort vom steilen Ufer mit ihren harten Schnäbeln aufnehmen sind für sie lebenswichtig. Sie neutralisieren die für sie nicht besonders bekömmlichen Nüsse. Es ist ein ständiges An- und Abfliegen an der Papageien-Lecke. Dann löst sich die ganze fliegende Gesellschaft unter gewaltigem Geschrei auf und verteilt sich wieder auf den Bäumen oder im unzugänglichen Dschungel. Ein tolles Erlebnis, diese bunten Vögel in der freien Natur des peruanischen Dschungels erleben zu dürfen.

Bei der Rückfahrt mit dem Langboot sehen wir nun auch einige Goldsucher im Flussbett, die mit Generatoren und flexiblen Rohren den Sand aus dem Rio Tambopata heraussaugen und über große Siebe laufen lassen.

 

Am Nachmittag fahren Juanito, Kate, Chuck und ich in Kayaks auf dem Rio Tambopata stromabwärts. Zunächst in mäßiger, dann aber stärkerer Strömung und zwischendurch sogar über einen Meter hohe Wellen (Klasse 3-4), die über uns hinweg rollen. Yeah! Wow! Super! Ich filme Juanito, wie er auf einem ruhigen Flussteil direkt neben mir stolz auf seinem Kajak steht. Gerade, als ich auf Fotomodus umschalte, macht es plötzlich PLATSCH und Juanito versucht schwimmend, sein treibendes Kajak zu erreichen. Ich helfe ihm und halte sein Boot, damit er wieder draufkriechen kann. Dann kann auch unser Artist weiterpaddeln. Er hatte wohl doch etwas Angst, dass eine riesige Anaconda ihn unter Wasser zieht, erwürgt und die nächsten Dschungeltrips ohne ihn stattfinden.

Als wir am sandigen Ufer der Wasai Lodge ankommen, sitzen hunderte verschiedene bunte Schmetterlinge im Sand, flattern umher und scheinen sich sogar Scheinkämpfe zu liefern. Phantastisch!

 

Abends in der Dunkelheit sitzen wir alle im Langboot und fahren auf dem Rio Tambopata stromabwärts. Juanito leuchtet mit einem starken Scheinwerfer das Ufer ab. Viele Insekten fliegen über dem Wasser und uns um die Ohren. Aber nur zwei kleine weiße Kaimane sind zu erkennen, als sie im Wasser schwimmen.

 

Am nächsten Morgen findet Juanito am gegenüberliegenden Spuren eines Jaguars. Insgesamt vier Stunden wandern wir Vier auf einem breiten Waldpfad durch den Dschungel. Es ist Sekundärwald, denn der ursprüngliche Wald wurde bereits vor ein paar hundert Jahren abgeholzt. Trotzdem ist es urwüchsiger, dichter Dschungel mit zum Teil mächtigen über hundert Jahre alten Bäumen (Ironwood) und anderen Baumarten, an denen sich Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) bis zu 20 oder 30 Meter hinauf gehangelt haben, um sie langfristig zu zerstören. Der Dschungel des Tieflandes umfasst 58 % der gesamten Fläche Perus. Wir sind hier hundert Kilometer von der nächsten Stadt entfernt und mitten im Urwald. Immer wieder staunen wir über den undurchdringlichen Wald mit unbekannten Pflanzen und Bäumen. Peru zählt zu den zehn Ländern mit der weltweit größten Artenvielfalt. Über 35.000 Pflanzenarten wurden identifiziert. Allein auf einem Hektar Urwaldboden wachsen über 300 Baumarten. Juanito weist uns auf Spuren von Wildschweinen und von einem Tapir hin. Auch zeigt er uns Bäume und Pflanzen, die von Medizinmännern des Dschungels zur Heilung von Krankheiten genutzt werden.

In der Nähe eines kleinen Flusses sehen wir etwa 15 Meter entfernt drei kleine schwarze Affen im Baum sitzen. Sie sind ständig aktiv, klettern rauf und runter und springen fünf Meter weit zum nächsten dünnen Ast. Dann sind sie ebenso schnell über zwanzig Meter weiter oben in den Baumkronen verschwunden. Auch hier fliegen viele bunte große Papageien umher und kreischen. Es ist paradiesisch, schwül-heiß und vereinzelte fliegende Quälgeister stechen trotz Insektenschutz. Wir angeln in einem kleinen Teich mit Fleisch am Haken, aber kein Piranha will beißen. Der Pfad wird enger und endet dann im dichten Dschungel wo ich weitere Affen erkenne. Herrlich, diese Tiere hier in ihrer ursprünglichen Umgebung zu beobachten.

 

Am Spätnachmittag wird Juanito, Chuck und Kate das Sicherheitsgeschirr angelegt und sie klettern fünf Meter über dem Boden an einem Seil gesichert durch den Dschungel der Lodge (Zip Line and  Hanging Ropes). Zum Abschluss lassen sie sich auf Rollen am Stahlseil dreihundert Meter herunter gleiten. Wie an allen bisherigen Tagen zaubert der Koch der Wasai Lodge zum Dinner ausgezeichnete typische peruanische Kost auf den Tisch.

 

Am vierten Tag unserer Dschungeltour bringt uns das Langboot auf dem Rio Tambopata zurück nach Puerto Maldonado. Damit endet ein unvergesslicher Ausflug in den Urwald des peruanischen Tieflandes.

 

Weiter nach Brasilien

Nach weiteren Erholungstagen bei der Anaconda Lodge und insgesamt zwei schönen Wochen in dieser Gegend zieht es uns nun weiter. In unserem Wohnmobil haben wir nachts 29° Grad bei hoher Luftfeuchtigkeit und unsere Ventilatoren laufen auf Hochtouren. Wir queren über die rote Stahlbrücke den Rio Madre de Dios und fahren weiter durch die flache, grüne Landschaft des Amazonas-Tieflandes unweit der bolivianischen Grenze. Nach 325 Kilometern erreichen wir den kleinen Ort Inapari und kurz danach die Grenze zu Brasilien.

 

Fortsetzung siehe Bericht Brasilien 9

 

Restliche Fotos zu diesem Reisebericht siehe unter Peru 4 b